Наверх (Ctrl ↑)

Ivan Bentchev

Naturwissenschaftliche Methoden bei der Untersuchung von Ikonen — exemplarisch dargestellt an der „Gottesmutter mit Kind” der Prinz Johann Georg Sammlung

* Bentchev I. Naturwissenschaftliche Methoden bei der Untersuchung von Ikonen — exemplarisch dargestellt an der „Gottesmutter mit Kind” der Prinz Johann Georg Sammlung // Hermeneia. Zeitschrift für ostkirchliche Kunst. — 1986. — Heft 2. — Bochum, 1986. — S. 85–90.

        
 S. 85 
¦
Die „Gottesmutter mit Kind”, Inv. Nr. 240 (Abb. 1), gehört zu den fünfzehn Ikonen der Prinz Johann Georg Sammlung in der Universität Mainz, die im Rheinischen Amt für Denkmalpflege 1980 untersucht und z.T. restauriert wurden.1

1 Die Untersuchung und Restaurierung (I. Bentchev) wurde von Prof. Dr. R. Hamann-Mac Lean und Prof. Dr. H. Biermann von der Universität Mainz, sowie von Prof. Dr. U. Mainzer vom Rheinischen Amt für Denkmalpflege, Bonn, unterstützt. Die Restaurierung beschränkte sich auf das Reinigen und Hinterkleben loser Malschichten Nach dem Überzieher der Oberfläche mit einem matten Firnis wurden nur die hellen Stellen dort, wo die Farbe abgefallen war, beikoloriert, um das Bild optisch zu schließen.
Alle Folos, bis auf die Röntgenaufnahme, sind Michael Thuns vom Rheinischem Amt für Denkmalpflege zu verdanken. Verwendete Filmmaterialien: Ilford FP 4 9×12; Kodak Plus-X Pan 9×12; Kodak High Speed Infrared 4×5 inch, 4143. Lichtquellen: 2 Nitraphot B, 500 W und 1 UV-Lampe. Das Infrarot-Material wurde nach 21 DIN belichtet, Entwicklung in Kodak D-76, 12 Min. bei 20 Grad C.
2 Über naturwissenschaftliche Untersuchungsmethoden von Tafelmalerei siehe in der älteren Literatur — am besten zusammenfassend dargestellt — in: Gemälde im Licht der Naturwissenschaft. Ausstellungskatalog Herzog Anton Ulrich-Museum, Braunschweig 1978. Dort auch findet man Literaturangaben.

     Die 37 × 30.5 cm große, leicht konvex gebogene Holztafel von ca. 3 сm Stärke zeigt die auf einem breiten Thron frontal sitzende Madonna mit dem auf ihrer linken Seite sitzenden Kind. Die rechte Hand Mariens ruht auf dem rechten Bein des Kindes, mit ihrer Linken hält sie es am Oberschenkel. Christus segnet mit der ausgestreckter Rechten, in der Linken eine kleine Schriftrolle haltend.

     Maria und Christus blicken in dieselbe Richtung — nach links vom Betrachter aus gesehen. Ihre Köpfe sind nimbiert — das Kind mit dem vorgeschriebenen Kreuznimbus. Maria trägt eine kleine, mit Edelsteinen und Perlen besetzte Krone, vergoldet wie die Nimben. Das blaue Maphorion Mariens läßt die Haare sichtbar. Ihr rotes Untergewand ist gesäumt. Das Kind ist in rotem Gewand, mit blauem, vorne geknotetem Gürtel gekleidet — die Füße nackt. Über seinem Kopf befindet sich das griechische Monogramm IC XC. Die Gottesmutter ist mit römischen Majuskeln im Hintergrund des Thrones als M(ate)r [(Theou)]? bezeichnet. Maria sitzt auf einem Kissen byzantinischer Provenienz. Der ausladende Thron mit wuchtigen Seiten und hoher Lehne, deren Giebel mit Krabben und stilisierter Kreuzblume geschmückt ist, wird architektonisch durch Friese und Gesimse gegliedert.

     Zwei Engel in roten Gewändern flankieren in den oberen zwei Ecken den Throngiebel in der Höhe des Hauptes der Gottesmutter. Sie schwenken funkelnde Weihrauchgefäße mit den Händen.

      Die Ikone wurde mit den Üblichen zerstörungsfreien Methoden untersucht. Das für das menschliche Auge sichtbare Licht light zwischen ca. 400 und 750 Nanometer des Spektrums. Als Lichtquelle werden Sonnenlicht sowie besondere Lampengeräte, die polychromatisches oder monochromatisches (einfarbiges) Licht ausstrahlen, benutzt. Man betrachtet die Oberfläche der Ikone sowohl im Auflicht als auch Streiflicht (das Licht trifft die Oberfläche im flachen Winkel). Hierbei lassen sich Maltechnik, Stil, Übermalungen, Schäden usw. feststellen. Im Streiflicht werden besonders gut Einritzungen, Farbauftrag, Pinselführung, Craquelée und Ausbesserungen der Grundierung sichtbar. Für Fotos im Makrobereich (1:1 bis 25:1) und im Mikrobereich (25:1 bis über 1500:1 — Lupe, Binokularmikroskop) werden Spiegelreflex- oder Binokularkameras verwendet.

     Im sichtbaren Licht (Abb. 1, 5) konnte an  S. 85 
 S. 86 
¦
der Mainzer Ikone folgendes beobachtet werden: Die Vorderseite der Holztafel ist vertieft worden, so daß sich ein ca. 2.5 cm breiter und etwa 1 cm hoher Rahmen bildet, dessen Innenkante etwa 1 cm breit nach innen schräg verläuft (in Russland kovčeg genannt). Der Rahmen und die Seiten der Holzplatte tragen eine monochrome Bemalung in Ocker, die stark beschädigt ist. Nagelspuren sind meistens im unteren und oberen Teil des Rahmens zu sehen. Man hat vor längerer Zeit die Malschichten auf dem unteren, sowie fast auf dem gesamten oberen Rahmen grob abgetragen. Wenn man das Vorhandensein von Nägeln an diesen Stellen berücksichtigt, kommt man zu der Überzeugung, daß man die Tafel durch Abtragen der höchsten Stellen nachträglich in eine Holzkonstruktion (Rahmen, etc.) integrieren wollte, in der sie möglichst gerade stehen sollte, wobei der originale Rahmen der Ikone durch festgenagelte Holzleisten (?) überdeckt worden ist. Auf die Nägel sind die Risse in der Holztafel zurückzuführen.

     Es finden sich im unteren Bereich der Tafel mehrere Brandspuren von Kerzen, die in der linken Ecke zur Abplatzung der Malerei geführt haben. Die Malerei selbst ist bis auf die stark beschädigte Bemalung des erhabenen Rahmens verhältnismäßig gut erhalten. Die Grundierung trotz sehr variierender Stärke (0.5 bis 2 mm) zeigt nur wenige und dann lediglich kompakte Abplatzungen. Dagegen ist die Verbindung zwischen Malschicht und Grundierung durch fehlende Imprimatur oder zu stark gebundene Pigmente sehr gestört: kleine Abplatzungen der Malschicht findet man auf der gesamten Oberfläche (Abb. 5).

     In älteren Fehlstellen sind die Spuren einer früheren Restaurierung zu sehen: Konsolidierung mit Wachs und Retuschen in Ölfarbe. Man ist dabei behutsam vorgegangen, so daß es zu keinerlei Zerstörung der alten Patina und der alten Firnisschicht gekommen ist.

     Die Rückseite (Abb. 1a) zeigt keine Bemalung, sondern nur kleine, verstreute Spuren einer Grundierung, die wahrscheinlich mit der Originalgrundierung der Vorder- und Außenseiten der Tafel nicht identisch ist. Das Holz zeigt mehrere, bis 2 mm breite Risse, jedoch nicht durchgehend. Besonders die Ränder und das Innere des Holzes sind stark von Holzschädlingen zerfressen.

     Die Hinterseite der Tafel trägt eine ältere Nummerierung in schwarzer Tinte E 109|H, die nicht eindeutig zu lesen ist, eine andere, neueren Datums in weißer Farbe: 240, sowie drei kleine Papieraufkleber: K 8 Nr. 4964; I 9; 16. Zwei moderne Metallaufhänger sind mit Schrauben an den oberen zwei Ecken befestigt.

Untersuchung im ultravioletten Licht

     Die UV-Strahlen, die von Niederdruckstrahlern (Leuchtstoffröhren) oder Hochdruckstrahlern (Quarzlampen) erzeugt werden, liegen im Bereich zwischen Röntgenstrahlen und dem violetten, sichtbaren Licht. Letzteres wird herausgefiltert, um bestimmte Stoffe im verdunkelten Raum zum Leuchten anzuregen. Es kommt so zur Fluoreszenz. In den letzten Jahren sind Niederdruckstrahler, sog. Handlupenleuchten oder Quarzlampen, die langwellige UV-Strahlen (320–400 nm) erzeugen, bei Ikonensammlern und Antiquitätenhändlern beliebt geworden. Von Restauratoren werden für diese Zwecke Hochdruckstrahler bzw. Schwarzlight-Leuchtstoffröhren gebraucht. Unter günstigen Umständen lassen sich in UV-Fluoreszens nicht nur alle Firnisse, sondern auch Retuschen, Übermalungen und Maltechnik feststellen. Bestimmte Pigmente, etwa Zinkweiß und Bleiweiß von  S. 86 
 S. 87 
¦
Titanweiß, lassen sich dabei unterscheiden. Liegt jedoch alter, mehrschichtiger Firnisüberzug (z. B. Olifa aus gekochtem Leinöl) vor, so reflektiert er in der Regel die Strahlen: die Oberfläche zeigt durchgehend eine grünliche Färbung. In diesem Fall durchdringen die UV-Strahlen die eigentliche Malerei kaum. Gerade bei Laien kommt es dabei zu Fehlinterpretationen des Befundes. Allein dies zeigt, daß die Analyse des UV-Fluoreszenzbildes große Kenntnis und Erfahrung auch beim Fachmann voraussetzt. So weisen dunkel erscheinende Partien nicht unbedingt auf Retuschen hin (um die häufigste Fehlinterpretation zu nennen), da bestimmte Pigmente, u.a. Ocker und Indigo oft fast schwarz erscheinen und zuweilen falsch als neuere Retuschen auf altem Firnis interpretiert werden.

     Für UV-Fotos braucht man spezielle Kameras oder Filme. Man benötigt ferner Spezialfilter und für die Farbaufnahmen panchromatische Filme.

     Das Foto (Abb. 2), das die Mainzer Ikone in UV-Beleuchtung zeigt (Film Ilford FP4), liefert ein unklares Bild der Maloberfläche, das auf das Vorhandensein von dickem altem Firnisauftrag schließen läßt. Dagegen lieferte die Verwendung eines infraroten Films (Kodak D 76) bei 12 Min. Belichtung mit UV-Lampe eine der aufschlußreichsten Aufnahmen (Abb. 3), auf der Einritzungen, Zeichnung und besonders die Streumuster im Maphorium der Gottesmutter sichtbar wurden.

Untersuchung im infraroten Licht

     Die Wellenlänge der für das Auge unsichtbaren Infrarot-Strahlen reicht von ca. 760 nm bis ca. 2 mm. Bei dieser Untersuchungsmethode werden Fotos von infrarotempfindlichen Filmen (Abb. 3) oder Aufnahmen, die mit der Barnes Infrarotkamera bzw. mit dem Infrarot Vidicon Fernsehsystem gemacht worden sind, ausgewertet. Infrarot-Strahlen haben die Fähigkeit, feste und trübe Malschichten und Firnisse zu durchdringen. Unter günstigen Voraussetzungen werden die sog. Pentimenti (Änderungen des Künstlers während der Arbeit), Inschriften und Muster unter dann aufgetragenen Malschichten und Firnissen sichtbar.

     Die Möglichkeiten dieser Untersuchungen reichen dabei bis zur Pigmentanalyse, die nur Spezialisten vornehmen können.

     Die Aufnahme der Mainzer Ikone (bei normaler Beleuchtung) auf Infrarot-Film (Kodak D 76) ergab ein aufschlußreiches Bild, wie auf Abb. 3 zu sehen ist: die in normalem Licht kaum sichtbaren Streumuster des Gewandes treten deutlich hervor. Ihre gezielte Untersuchung unter dem Mikroskop ergab, daß man sie zuerst mit einem harz- oder ölhaltigen Medium angesetzt hat, um sie dann zu vergolden. Es handelt sich um eine Ölvergoldung, Auch die Weihrauchgefäße treten kontrastreicher hervor.  S. 87 
 S. 88 
¦

Röntgenuntersuchung

     Die unsichtbaren Röntgenstrahlen (X-Strahlen) haben eine kürzere Wellenlänge als das sichtbare Licht und können je nach Härte der Strahlung dichte, lichtundurchlässige Medien durchdringen. Fast ausnahmsweise werden Ikonen wegen des hölzernen Bildträgers mit weicher bis überweicher Strahlung bei 10–30 KV untersucht oder auf Röntgenfilm festgehalten. Der Röntgenfilm ergibt ein fast positives, sogen. Summationsbild, auf dem alle Schichten des Bildes auf- und nebeneinander liegen. Nebenbei sei vermerkt, daß ein Röntgenbild durch Röntgenstereo und die Schichtaufnahmetechnik in einzelne „Ebenen” trennbar ist. Die Röntgenaufnahme einer Ikone kann Holzart der Tafel, Dichte der Jahresringe, Wurmbefall, Verleimungsfugen, Leisten, Metallgegenstände, Kittmassen, Textilien, aber auch Zeichnung, Übermalungen und bestimmte, sonst unsichtbare Partien sichtbar machen. Hell gemalte Partien läßt das Röntgenfoto, genauso wie Metall, hell erscheinen. Bleiweiß, das die Röntgenstrahlung ähnlich wie Metall verhalten sich ohne Bleiweiß gemalte Fleischpartien (Inkarnate) dunkler zur Umgebung.

     Die Röntgenaufnahme der Mainzer Ikone (Abb. 4) machte Werner Maslankowsky vom Rheinischen Landesmuseum in Bonn. Das Rö-Bild (30 KV, 1200 MAS, D 4) zeigt die Metallaufhänger und Reste der Nägel im Rahmen. Die Fehlstellen erscheinen dunkel, Einritzungen und Bleiweißhöhungen weiß. Besonders deutlich zu sehen ist die linke Hand Christi mit der Schriftrolle. Man erkennt, daß der Maler zuerst den Thron und dann die Figuren gemalt hat. Der geritzten Vorzeichnungen wird von der farbigen Ausmalung ziemlich genau gefolgt.

Malmaterial-Analyse

     Um den Aufbau der Grundierung und der Malschicht zu ermitteln, wurde eine kleine Probe entnommen, die in Kunstharz eingebettet und anschließend so geschliffen wurde, daß unter dem Mikroskop alle Schichten im Querschnitt entstanden zu beobachten waren. Die stratigraphische (schichtenbeschreibende) Untersuchung des sog. Anschliffes ist auf der Zeichnung 1 zu sehen.

     Der Kreidegrund ist in vier Schichten aufgetragen worden, die oberste Schicht unterscheidet sich farbig und in der Zusammensetzung von den übrigen Schichten.

     Die qualitative Analyse der Grundierung und der Pigmente unternahm Frau Dr. Heide Härlin vom Institut für Technologie der Malerei an der Kunstakademie Stuttgart. Die Grundierung der Mainzer Ikone enthält Gips und nur wenig Kreide, was für die mittelalterliche Malerei südlich der Alpen typisch ist. (Nur gelegentlich kommt Gips als Grundiermittel in der mittelalterlichen Malerei nördlich der Alpen vor.) Es wurden ferner, wie zu erwarten war, nur solche Pigmente festgestellt, die in der byzantinischen bzw. romanischen Malerei in Verwendung waren: gelber und roter Ocker, Auripigment3, Zinnober, Indigo4 und Bleiweiß. Danach sind die Inkarnate mir einer Mischung von rotem Ocker und Schwarz unterlegt und in byzantinisch-romanischer Malweise schichtenweise immer heller modelliert. Die Binnenzeichnung ist in Schwarz-Blau (Indigo), die hellsten Stellen sind mit Bleiweiß aufgesetzt. Unter der Blattgoldauflage der Nimben und der Krone befindet sich eine Untermalung aus gelbem Ocker. Es handelt sich um Tempera-Malerei und eine Öl-Harz-Vergoldung (Nimben, Krone und Streumuster im Gewand der Madonna).

3 Kurt Wehlte, Werkstoffe und Techniken der Malerei, Ravensburg 1967. S. 96, 105.
4 K. Wehlte, a.a.O., S. 61, 163.

Untersuchung des Holzes

     Die Dendrochronologic ist eine Altersbestimmungsmethode des Holzes. Danach markiert die Breite eines Jahresringes im Baum sein Entstehungsjahr. Leider ist diese Chronologie bis jetzt nur für die Eiche ermittelt und konnte an der Mainzer Ikone nicht angewendet werden. Umso wichtiger erscheinen die Ergebnisse der Holzuntersuchung, die Prof. Dr. Klaus Brinkmann vom Botanischen Institut der Universität Bonn (hier im Auszug) so mitteilt:

     „Die Ikone ist auf einer soliden Holzbohle gemalt. Es handelt sich um einen Tangentialschnitt aus der Peripherie eines großen Stammes. Makroskopisch sind im  S. 88 
 S. 89 
¦
Querschnittsbild der Schmalseite 6–7 Jahresringe zu erkennen, die fast parallel zur Bohlenfläche laufen, was auf einen großen Durchmesser des Baumes — meiner Schätzung nach mindestens 2 Meter — schließen läßt. Die relativ weiten Jahresringbreiten deuten auf einen stetig feuchten Standort, mediterran-aride Standorte möchte ich ausschließen. Das Lupenbild des gehobelten Querschnitts zeigt die typische Bänderung einer Ulmaceae... Es handelt sich um entweder die Bergulme (Ulmus glabra) oder Feldulme (U. carpinifolia)... Die südost-mediterrane Z. cretica (Schwerpunkt Kreta) scheidet als zu kleiner Baum aus. Die als Anlage beigefügte Karte (Schmucker, Th.: Die Baumarten der nördlich gemäßigten Zone und ihre Verbreitung, Berlin 1942, S. 154) zeigt die weite, vor allem nordmediterrane Verbreitung beider Arten... Ich halte es für extrem unwahrscheinlich, daß der große Stamm, der mit seinen weiten Jahresringen einem stetig feuchten Gebiet zuzuweisen ist, im Bereich der südlichen Verbreitungsgrenze geschlagen worden ist. Für eine nähere regionale Einordnung könnte vielleicht die Kenntnis von Hilfe sein, ob regionale Schulen der Ikonenmalerei Ulmenholz bevorzugt haben.”5

5 Man findet leider nur sporadisch Angaben über Holzarten in der Tafelmalerei. Für Guido da Siena ist Pappelholz belegt, siehe: Robert Oertel, Frühe italienische Malerei in Altenburg, Berlin 1961. S 57 ff.

Zusammenfassung. Ikonographie, Stil, Datierung

     Die Ergebnisse der Untersuchung der Mainzer Ikone deuten auf ein Werk der frühen italienischen Malerei hin, das in der byzantinischen Maltradition entstanden ist. Wichtigste Fakten wären ohne die angewandten naturwissenschaftlichen Methoden unberücksichtigt geblieben. Ikonographisch läßt sich die thronende Gottesmutter mit Kind aus Mainz mit den thronenden Madonnen Giottos in S. Giorgio alla Costa und der aus Ognissanti (beide in den Uffizien) sowie Duccios Madonna Rucellai von 1285 vergleichen. Die Kleidung Christi, etwa der geknotete Gürtel weisen auf ältere Vorbilder hin  S. 89 
 S. 90 
¦
— siehe die Maestà im Palazzo Publico in Siena von Guido da Siena. Die Krone Mariens und die Engel, welche Weihrauchgefäße in den Händen schwenken (für letztere sind Darstellungen in Italien und Frankreich viel öfter anzutreffen als in Byzanz), weisen Maria als Himmels- und Engelkönigin6 aus. Daß die Gottesmutter den Kopf zur Seite wendet, ist bei dieser feierlichen Darstellung etwas absonderlich. Der Gestus ist in dieser Art eher bei der Anbetung der Drei Könige, etwa von der staufischen Buchmalerei, überliefert. Unter den vielen Gnadenbildern der Gottesmutter findet sich nur ein einziges Beispiel dieser Kopfhaltung.7 Eindeutig westlich sind die nicht verdeckten Haare Mariens. Für die Streumuster im Maphorion der Gottesmutter vergleiche die als venezianisches Werk um 1400 ausgewiesene Maria mit Kind in der Staatsgalerie Stuttgart. Für den breiten Thron konnten keine näheren Parallelen gefunden werden. Mit seinen ausladenden Maßen hat er wohl die Aufgabe, die etwas zu breit geschnittene Tafel zu füllen. Krabben und Kreuzblume im Giebel des Thrones setzen die florentinische Architektur der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts voraus .

6 Zur Ikonographie der Engelskönigin mit zahlreichen Beispielen aus Byzanz und dem Westen, siehe: Kranz Rademacher, Die Regina angelorum in der Kunst des frühen Mittelalters, Düsseldorf 1972.
7 Es handelt sich um das Gnadenbild der Gottesmutter gen. Vospitanie = Erziehung des Kindes, siehe: Ivan Bentchev, Handbuch der Muttergottesikonen Rußlands. Gnadenbilder-Legendendarstellungen, Bonn 1985, S. 128–133, Abb. 6 u. 111.

     Die Ikone ist wohl Ende des 13. Jahrhunderts als norditalienisches Werk unter byzantischem Einfluß entstanden.  S. 90 
  
¦

** NACHTRAG 2012
Heutzutage werden Radiocarbondatierungen von Holztafeln z.B. an der ETH-Zürich durchgeführt.
Bei manchen Ikonen lohnt es sich eine zerstörungsfreie Computertomografie (CT) von einem Radiologen machen zu lassen. Empfohlen sei die Publikation von Heinrich Schüller (Uui-Klinik Bonn), Radiologoe im Dienst der Kunst — Ikonen, In: Ivan Bentchev und Eva Haustein-Bartsch (Hrsg.); Ikonen. Restaurierung und naturwissenschaftliche Erforschung. Beiträge des Internationalen Kolloquiums in Recklinghausen 1994, (Editio Maris), München 1997.